Dass gehörlose Menschen Bildung erlangen können, war ein Motiv, welches den Frankfurter Lehrer Ludwig Kosel 1827 veranlasste, gehörlose Kinder zu beschulen. Im Rahmen seiner Erziehung setzte Kosel sich für die Vermittlung von Wissen für einen Volksschulabschluss ein, wobei ihm auch die Vermittlung christlicher Sinnstiftung wichtig war. Kosel unterrichtete die Kinder im Rahmen einer Familienerziehung im Internat. Sein Privatinstitut nannte er „Taubstummen-Erziehungsanstalt“. Statt der Gebärdensprache bevorzugte er entschieden die Lautsprache, wie dies auch später der langjährige Leiter Johannes Vatter engagiert vertrat. Die ersten Kinder waren zwei Mädchen und zwei Jungen wohlhabender Eltern. Um weiteren gehörlosen Kindern aus Frankfurt den Internatsbesuch zu ermöglichen, förderte die Stadt die Schule und öffentliche Stiftungen übernahmen die Schulgebühr. Nach acht Jahren gab es für die erste Gruppe eine öffentliche Prüfung; die Leistungen der Kinder waren sehr beeindruckend. Daraufhin wurde ein „Aktienverein“ gegründet, dessen Aktivität eine stattliche Spende erbrachte: Es wurde ein großes Grundstück gekauft und ein Haus darauf gebaut. Diese Immobilie benötigte einen rechtlichen Rahmen. Dafür wurde im Sinne von Kosel 1861 eine selbständige städtische Stiftung gegründet. Sie wurde über viele Jahrzehnte von engagierten Bürgern geleitet, und Bürgerinnen brachten sich mit Zustiftungen ein. Auch jüdische Kinder wurden hier unterrichtet. Weil die Stadt auf dem Grundstück eine Musterschule errichten wollte, erhielt die Stiftung Taubstummen-Erziehungsanstalt 1900 zum Ausgleich ihr gegenwärtiges Grundstück an der Rothschildallee sowie das Schulgebäude. 1939 mussten die gehörlosen Kinder kriegsbedingt das Gebäude verlassen und 1943 wurden sie aus Frankfurt verschickt. Das Gebäude wurde zweckentfremdet und 1943 als Lazarett genutzt.
Das Gehörlosen- und Schwerhörigenzentrum ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt und ist ein Treffpunkt für gehörlose und schwerhörige Menschen aus Frankfurt und Umgebung.
Nach dem Krieg erhielten die Stiftung ihr Gebäude, das Bomben an einer Seite geringfügig beschädigt hatten, nicht mehr zurück. Stattdessen gab es dort unter anderem einen städtischen Kindergarten. Die gehörlosen Kinder aus Frankfurt wurden in Landesgehörlosenschulen unterrichtet. 1970 wurde das Gebäude abgerissen. Dafür wurde auf Erbpacht ein Wohn- und Bürohaus gebaut, dessen Einnahmen die Errichtung des lang gewünschten Kulturzentrums ermöglichten. Mit Hilfe von Spenden, der Unterstützung der Stadt Frankfurt am Main und des Landes Hessen baute die Stiftung Taubstummenanstalt anstelle der Schule ein Kulturzentrum auf dem ehemaligen Schulgelände. Das Kulturzentrum in der Rothschildallee 16a wurde 1977 eingeweiht und die Schulden der Stiftung 1997 bei der Stadt vollständig bezahlt. 2008 wurde der Name (ehemals Taubstummenanstalt) in „Frankfurter Stiftung für Gehörlose und Schwerhörige“ geändert. Unterstützt von der Stiftung sind heute im Gehörlosen- und Schwerhörigenzentrum mehrere Gehörlosen- und Schwerhörigenvereine aktiv; Seminar- und Versammlungsräume sowie Wohnungen für gehörlose und schwerhörige Menschen stehen bereit.
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